Etappe 2 – Von Sonne, Sprit und Sturm: Malcesine – Parma – Livorno

Der Gardasee verabschiedete uns mit einem goldenen Morgen. In Malcesine lag der See spiegelglatt, die Boote dümpelten still, und es roch nach warmem Stein und frischem Kaffee. Noch bevor die ersten Touristen sich über die Uferpromenade schoben, waren wir schon auf den Maschinen – bereit für Etappe 2.


Zunächst war es ein Genussritt. Die Straßen südlich des Gardasees flossen rund, der Verkehr hielt sich in Grenzen, und hinter uns lag dieses Gefühl von „Jetzt sind wir wirklich unterwegs“. Die Sonne stand hoch, der Asphalt war trocken, die Maschinen schnurrten.


Parma erreichten wir zur Mittagszeit – ein kurzer Stopp für einen Espresso und ein belegtes Panino an einer kleinen Bar. Die Stadt pulsierte, aber wir wollten weiter – unser Tagesziel: Livorno.


Hinter Parma änderte sich die Landschaft – und die Stimmung. Die Straße führte in die toskanische Hochebene, das Gelände wurde hügeliger, einsamer. Und mit der Einsamkeit kam der Regen. Erst nur ein paar Tropfen. Dann mehr. Schließlich: Landregen.


Wir hielten kurz an, zogen die Regenklamotten über – was selten ein gutes Zeichen ist – und fuhren weiter, zunächst noch mit dem Humor von zwei Tourveteranen, die so etwas schon oft erlebt haben. Doch der Regen blieb. Er hörte nicht auf. Im Gegenteil – er legte nach.


Irgendwo in den Bergen, fernab jeder größeren Ortschaft, kam das nächste Kapitel: Spritmangel. Die Tankanzeige war bedrohlich tief im roten Bereich, und mit jedem Kilometer stieg der Puls. Keine Tankstelle weit und breit. Kein Empfang. Kein Schild. Nur Wald, Wasser und ein Motor, der langsam hungrig wurde.


Die Situation war angespannt, aber wir blieben ruhig – wie man es nach Jahrzehnten auf Tour eben lernt. Schließlich, irgendwo nach einer unscheinbaren Abzweigung: eine kleine, altmodische Tankstelle. Kein Shop, kein Licht, aber Benzin. Wir tankten, grinsten – und wussten: Das war knapp.



Ab da: Dauerregen. Die Straße nach Livorno zog sich. Die Sicht war schlecht, die Konzentration hoch. Die Tropfen drückten durch jede Naht, die Handschuhe waren klamm, die Stiefel voll. Jeder Kilometer forderte mehr Willen als Muskelkraft.


Als wir endlich gegen Abend in Livorno ankamen, waren wir bis auf die Knochen durchnässt, durchfroren und erledigt. Die Unterkunft – ein einfaches Zimmer irgendwo in Hafennähe – wirkte wie ein Palast. Die Heizkörper liefen auf Anschlag, die nassen Klamotten hingen kreuz und quer. Und als wir endlich saßen, trocken, mit einem heißen Teller Pasta und einem Glas Rotwein vor uns, da wussten wir:


Das war kein schöner Tag – aber ein guter.


Ein Tag, an den man sich erinnert. Einer von denen, die das Tourtagebuch füllen. Nicht wegen der Sonne – sondern wegen dem, was man aushält. Und übersteht.

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